Am 14. März 2023 hat das Europäische Parlament seine Verhandlungsposition für die Novelle der EU Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie in einer Plenarabstimmung in Straßburg bestätigt. Die Parlamentarier stimmten mit 342 zu 216 bei 78 Enthaltungen für die Position des federführenden Industrie-Ausschusses (ITRE). Daraufhin starten nun die sogenannten Trilogverhandlungen mit Kommission, Rat und Parlament, um eine gemeinsame Position der EU-Institutionen festzulegen und das Verfahren zum Abschluss zu bringen. Strittige Punkte wie Mindestvorgaben für die Energieeffizienz von Gebäuden, die in einer Sanierungspflicht münden würden, müssen noch verhandelt werden und auch die Mitgliedsstaaten über den Rat müssten zustimmen.

Eckpunkte der Parlamentsposition
Das EU-Parlament will einen neuen Gebäudeenergiestandard einführen, das sogenannte Nullemissionshaus. Dieses definiert das Parlament als ein
Gebäude mit sehr hoher Gesamtenergieeffizienz, bei dem die noch benötigte Restmenge an Energie vollständig durch erneuerbare Energie gedeckt wird. Das Nullemissionshaus soll im Neubau, laut Position des Parlaments, ab 2026 bei öffentlichen Gebäuden und ab 2028 für Neubauten generell eingeführt werden. Ferner führt das EU-Parlament einen Artikel (3a) zu integrierten Quartiersansätzen bei der Gebäuderenovierung ein. Auf Ebene der
Mitgliedsstaaten sollen Quartiere identifiziert werden, bei denen beispielsweise bei der Versorgung durch Kälte- und Wärmenetze oder sogenannte Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften ein integrierter Sanierungsansatz gewählt werden kann. Die Bauindustrie hatte sich stets aus Gründen der Effizienz für eine Quartiersbetrachtung ausgesprochen. Das Parlament sieht ebenfalls vor, die Lebenszyklusbetrachtung (Lebenszyklus GWP) einzuführen. Ein harmonisiertes EU-Verfahren dazu soll 2025 erlassen werden. Bis 2030 soll die Lebenszyklusbetrachtung für den Neubau, verbunden mit Zielvorgaben für neue Gebäude eingeführt werden. Auch für größere Renovierungen soll eine Lebenszyklusanalyse durchgeführt werden.

Bei der Renovierung bestehender Gebäude sieht das Parlament außerdem vor Heizungsanlagen, die ausschließlich mit fossilen Heizstoffen
betrieben werden, zukünftig nicht mehr einzubauen. Ein neu eingefügter Artikel zum Europäischen Bauhaus sieht vor, die Verfügbarkeit von lokal anpassbaren vorgefertigten Gebäudekomponenten für die Gebäuderenovierung zu erhöhen – ein regulativer Anreiz hin zur seriellen Sanierung.

Ein kontrovers diskutierter Punkt findet sich in Artikel 9: die Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz, die einer Sanierungspflicht gleichkommen. Dieser schreibt für öffentliche Gebäude, Nichtwohngebäude und Wohngebäude energetische Ziele vor. So sollen Wohngebäude „spätestens ab dem 1. Januar 2030 mindestens die Gesamtenergieeffizienzklasse E erreichen und ab dem 1. Januar 2033 mindestens die
Gesamtenergieeffizienzklasse D“ erzielen.

Die BAUINDUSTRIE hatte in einer Pressemitteilung diese Vorgaben unter der Voraussetzung, dass finanzielle und organisatorische Rahmenbedingungen geschaffen werden, begrüßt. Des Weiteren führt das EU-Parlament einen neuen Artikel ein, der den ambitionierten Ausbau von Solarenergie vorsieht. Neue Gebäude sollen so geplant werden, dass Solarenergie Zukunft einfach hinzugefügt werden kann und bei Sanierungen, aber auch auf Parkplätzen, verstärkt Sonarpanelle angebracht werden. Außerdem soll ein sogenannter Renovierungspasse eingeführt und finanziell gefördert werden (Art.10), dieser stellt Sanierungsschritte und deren Kosten, ebenso wie Einsparpotenziale für Gebäudeeigentümer schrittweise dar.
Neuerungen sind auch in Bezug auf Vorschriften und die Messung des Raumklimas in Gebäuden vorgesehen. Neue Gebäude sollten beispielsweise
in der Lage sein, ihr Gebäudeklima elektronisch zu messen und aufzuzeichnen. Ferner werden gewisse Indikatoren für das Raumklima vorgeschrieben.
Die Elektromobilität wird ebenfalls in der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie bedacht. Für Parkplätze bei Wohngebäuden werden die Anzahl von
Ladepunkten und notwendige Vorverkabelung vorgeschrieben. So sieht das Parlament einen Ladepunkt pro fünf Parkplätzen vor.
Die Digitalisierung von Gebäudedaten soll vorangetrieben werden. Dazu soll ein sogenanntes digitales Gebäudelogbuch erstellt werden. In diesem Kontext soll auch eine Datenbank für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden erstellt werden. Des Weiteren schreibt das EU-Parlament vor, welche Finanzierungs- und Unterstützungsmaßnahmen für den Gebäudesektor bereitstehen sollen. Neben den EU-Geldern aus Aufbau- und Resilienzfazilität, dem Klima-Sozialfonds und den Kohäsionsfonds sollen die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene angemessene Finanzmittel bereitstellen.
Zur besseren Umsetzung der Richtlinie soll außerdem eine zentrale Anlaufstelle geschaffen werden, in der Bürger technische und organisatorische Hilfestellung zur Energieeffizienz von Gebäuden und zu ihren Sanierungsvorhaben erhalten können.

Auch für die Gebäudeenergieausweise soll es Änderungen geben, so soll dort beispielsweise das Ergebnis der Lebenszyklusbetrachtung des Gebäudes
publiziert werden.